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Der Kreditentscheidungsprozess erfolgt auf „case-by-case“-Basis entlang einheitlich definierter
Prinzipien und Richtlinien. Es besteht eine klare personelle und funktionale Trennung zwischen
den Geschäfts- und allen Risikomanagementaktivitäten. Im Vorfeld wird im Rahmen unseres internen
Ratingmodells neben den klassischen „hard facts“ und zahlreichen qualitativen Kriterien u. a.
eine Beurteilung des Managements vorgenommen, welches für einen adäquaten Umgang mit Umwelt- und
Sozialthemen im Unternehmen verantwortlich ist. Ebenso wird beurteilt, ob eine Branche besonderen Umwelt
oder Sozialrisiken inkl. Menschenrechtsverletzungen oder Gesundheitsrisiken ausgesetzt ist und ob ein
potenzieller Kreditnehmer die bestehenden Regelungen betreffend Umwelt, Menschenrechte und Gesundheit
befolgt. Im Zuge der Jahresanalysen werden vertraglich vereinbarte Kreditbedingungen standardmäßig überprüft.
Themenstellungen rund um das Einhalten gesetzlicher Bestimmungen werden von Group Compliance
verantwortet.
Die beschriebenen konzernweiten Standards gelten für alle Konzerneinheiten, werden aber von zahlreichen
Netzwerkbanken durch lokale, teilweise strengere, interne Richtlinien und Policies ergänzt. Diese berücksichtigen
in unterschiedlichem Ausmaß die Sozial- und Umweltrisiko-Strategie der jeweiligen Bank, legen teilweise
höhere Minimalkriterien fest bzw. definieren die genaue Vorgehensweise, um alle vereinbarten Prinzipien zu
befolgen.
In sieben Netzwerkbanken gelten die Standards der International Finance Corporation (IFC) und/oder der
Multilateral Investment Guarantee Agency (MIGA): Raiffeisen Bank Sh.A. in Albanien, Raiffeisen BANK d.d.
Bosna i Hercegovina, Raiffeisen Bank Kosovo J.S.C., Raiffeisen Bank S.A. in Rumänien (die sich außerdem zur
Einhaltung der EBRD-Standards verpflichtet hat), Raiffeisen banka a.d. in Serbien, Priorbank JSC in Belarus sowie
AO Raiffeisenbank in Russland.
Diese Netzwerkbanken verfügen alle über ein Umwelt- und Sozialmanagementsystem (ESMS, Environmental
and Social Management System) und eine entsprechende Umwelt- und Sozialpolitik (E&S Policy, Environmental
and Social Policy). Diese beschreibt die Grundsätze des ökologischen und sozialen Risikomanagements
in der Bank, definiert wichtige Rollen und Verantwortlichkeiten für die Verwaltung der E&S-Risiken sowie
Schlüsselelemente des E&S-Risikomanagementprozesses. Jeweils ein vom Vorstand nominierter E&S-Officer
ist für das ordnungsgemäße Umsetzen innerhalb der Bank verantwortlich. Alle mit dem Beurteilen von E&S-Risiken
befassten Mitarbeitenden erhalten entsprechende Trainings. Der Kreditprozess sieht vor, dass alle Kreditanträge
im Firmenkundenbereich zusätzlich zu den üblichen Bonitäts- und Risikokriterien in drei Schritten geprüft
werden:
1. Überprüfung, ob das Unternehmen in Aktivitäten auf der Ausschlussliste der IFC („Exclusion List“) engagiert ist.
2. Einstufung des Umwelt- und Sozial-(E&S-)Risikoniveaus je nach Art, Ort, Spürbarkeit und Größenordnung
des Vorhabens sowie Natur und Umfang seiner möglichen ökologischen und sozialen Auswirkungen (niedrig,
mittel oder hoch).
3. Sozial- und Umweltverträglichkeitsprüfung (E&S Due Diligence) für alle Transaktionen mit hohem und mittlerem
Risiko: Bestimmen der ökologischen und sozialen Auswirkungen und Risiken eines Projekts sowie Feststellung,
ob es die Gesetze des jeweiligen Landes und die sonstigen Richtlinien der Weltbank und der IFC
erfüllt.
Ebenso sind Performance-Standards betreffend Arbeit und Arbeitsbedingungen, Ressourceneffizienz und Vermeidung
von Umweltverschmutzung, öffentliche Gesundheit und Sicherheit, Grunderwerb und Zwangsumsiedlungen,
Erhalt der Biodiversität und nachhaltige Bewirtschaftung von natürlichen Ressourcen sowie indigene
Völker und Kulturerbe festgelegt (siehe IFC-Homepage unter www.ifc.org). Die IFC- und MIGA-Standards
sehen im Übrigen umfangreiche Reporting- und Monitoringerfordernisse vor, die im Rahmen von „E&S Supervisory
Visits“ erfolgen.
In weiteren Netzwerkbanken bestehen ebenfalls selbst auferlegte weitergehende Standards im Kreditgeschäft
– etwa in der Raiffeisenbank (Bulgarien) EAD, in der Raiffeisen Bank Aval JSC in der Ukraine und in der
Priorbank JSC in Belarus.
Raiffeisen Bank International | Nachhaltigkeitsbericht 2018